
Die Berufswelt beziehungsweise die Bedeutung von Arbeit verändert sich, Homeoffice, flexible Arbeitszeiten, Remote Work und agile Strukturen sind längst keine Zukunftsvisionen mehr – sie sind Realität. Doch während viele Büroangestellte von diesen Entwicklungen profitieren, bleiben andere Berufsgruppen oft außen vor. Was ist mit den Millionen von Menschen, die in der Produktion, im Handwerk, in der Pflege oder im Einzelhandel arbeiten? Warum sollte „New Work“ nur für Menschen mit Laptop und WLAN gelten?
Die nächste Stufe der Arbeitsrevolution muss sich breiter aufstellen. New Work darf keine Elitebewegung bleiben – sondern muss für alle zugänglich sein. Doch wie kann das gelingen? Und welche Unternehmen zeigen bereits, dass es funktioniert?
Warum New Work bisher vor allem für Büroangestellte gilt
Der Begriff „New Work“ wurde in den letzten Jahren oft mit Remote Work, digitalen Tools und flexiblen Arbeitsmodellen gleichgesetzt. Viele dieser Veränderungen betreffen vor allem Menschen, die mit ihrem Laptop arbeiten – Berufe in der IT, im Marketing oder im Consulting.
Doch es gibt eine riesige Gruppe von Arbeitnehmern, für die diese Flexibilität bisher kaum eine Rolle spielt:
- Pflegekräfte können nicht einfach von zu Hause aus arbeiten.
- Handwerker, Bauarbeiter oder Lagerarbeiter sind an einen physischen Arbeitsplatz gebunden.
- Fabrikmitarbeiter können nicht entscheiden, wann sie ihre Maschinen bedienen.
- Einzelhändler können ihren Kundenkontakt nicht ins Homeoffice verlegen.
Das Problem: Während Büroangestellte immer mehr Kontrolle über ihre Arbeitszeit und ihren Arbeitsort bekommen, kämpfen andere Berufsgruppen weiterhin mit starren Schichtplänen, hoher Belastung und mangelnder Work-Life-Balance.
Wenn New Work wirklich eine Arbeitswelt der Zukunft sein soll, muss sie für alle zugänglich werden – nicht nur für diejenigen, die ohnehin schon privilegiert sind.
Wie kann New Work für alle umgesetzt werden?
Die Zukunft der Arbeit muss kreative Lösungen für Branchen entwickeln, die bisher kaum von flexiblen Konzepten profitiert haben. Dabei gibt es bereits einige spannende Ansätze, die zeigen, dass es auch außerhalb des klassischen Büroalltags funktioniert.
Flexible Arbeitszeiten für Schichtarbeiter
Viele Unternehmen argumentieren, dass Flexibilität für Berufe mit festen Arbeitszeiten nicht möglich sei. Doch das ist ein Irrtum.
Einzelhandel, Produktion und Pflege könnten Schichtsysteme deutlich flexibler gestalten.
- Schichtwahl per App: Mitarbeiter können ihre Arbeitszeiten selbst bestimmen und sich in offene Schichten eintragen. Unternehmen wie Zalando oder Tesla testen bereits Modelle, in denen Mitarbeiter ihre Schichten flexibler gestalten können.
- Job-Sharing: Zwei Mitarbeiter teilen sich eine Vollzeitstelle und organisieren ihre Arbeitszeiten selbst.
- Selbstbestimmte Dienstpläne: Statt starre Vorgaben von oben zu machen, könnten Teams gemeinsam entscheiden, wer wann arbeitet.
Homeoffice für Produktionsarbeiter? Es geht!
Natürlich kann ein Maschinenbediener nicht von zu Hause aus eine Produktionsstraße steuern – aber es gibt viele Aufgaben rund um die Produktion, die sehr wohl flexibel gestaltet werden können.
Schichtplanung und Dokumentation digitalisieren: Statt umständlicher Papierprotokolle könnten viele Prozesse mobil erledigt werden.
VR & AR für Fernwartung nutzen: Techniker könnten mithilfe von Augmented Reality Maschinenprobleme aus der Ferne diagnostizieren.
Digitale Schulungen und Meetings remote durchführen: Vieles, was bisher nur vor Ort möglich war, kann durch Videokonferenzen ersetzt werden.
4-Tage-Woche auch für Handwerk und Pflege
Viele Unternehmen im Bürosektor testen die 4-Tage-Woche mit gleichem Gehalt. Warum sollte das nicht auch in anderen Branchen funktionieren?
Pilotprojekte in der Pflege zeigen, dass eine 4-Tage-Woche möglich ist – mit guter Planung.
Handwerksbetriebe in Deutschland haben bereits Modelle eingeführt, in denen Mitarbeiter eine volle Stelle auf vier Tage verteilen können.
Der Effekt? Weniger Stress, mehr Motivation, bessere Vereinbarkeit mit dem Privatleben.
Mehr Eigenverantwortung in nicht-digitalen Jobs
Viele traditionelle Arbeitsbereiche funktionieren nach dem Prinzip: „Der Chef entscheidet, die Mitarbeiter führen aus.“ Doch auch hier kann New Work neue Wege schaffen.
- Selbstorganisierte Teams: Statt strikten Anweisungen haben Teams die Freiheit, ihre Abläufe selbst zu organisieren.
- Mitbestimmung bei Unternehmensentscheidungen: Wer in der Produktion oder im Verkauf arbeitet, kann genauso innovative Ideen einbringen wie jemand aus dem Management.
- Beteiligungsmodelle: Warum sollten Produktionsmitarbeiter nicht von den Gewinnen ihres Unternehmens profitieren? Viele Firmen bieten bereits Mitarbeiterbeteiligungen an – ein Modell, das sich ausweiten könnte.
Unternehmen, die New Work für alle umsetzen
dm-drogerie markt: Selbstorganisierte Teams im Einzelhandel
Bei dm gibt es keine klassischen Filialleiter – die Teams organisieren sich weitgehend selbst. Mitarbeiter haben Mitspracherecht bei Sortimenten, Arbeitszeiten und internen Abläufen.
Continental: Flexible Arbeitsmodelle in der Produktion
Der Automobilzulieferer Continental testet hybride Modelle für Produktionsmitarbeiter. Einige Tätigkeiten – z. B. Planung, Qualitätssicherung oder Wartung – können mobil oder von zu Hause erledigt werden.
Pflegepilotprojekte in Skandinavien
In Dänemark gibt es Modellprojekte, in denen Pflegekräfte ihre Arbeitszeiten komplett selbst bestimmen. Statt starrer Schichtpläne melden sie sich flexibel für offene Dienste an. Die Folge? Weniger Stress, weniger Krankmeldungen und höhere Zufriedenheit.
Warum New Work für alle wichtig ist
Die Zukunft der Arbeit darf nicht nur für Menschen mit Bürojobs gedacht werden. Eine echte Arbeitswelt der Zukunft muss für alle Arbeitnehmer Verbesserungen bringen.
- Weniger Stress und bessere Work-Life-Balance für ALLE Berufsgruppen.
- Mehr Eigenverantwortung und Mitbestimmung – unabhängig vom Job.
- Flexible Arbeitszeiten und Homeoffice-Modelle auch für nicht-digitale Berufe.
Es geht nicht darum, Produktionsmitarbeiter ins Homeoffice zu zwingen oder den Einzelhandel nur noch digital zu organisieren. Es geht darum, für jede Branche passende Lösungen zu finden, die mehr Freiheit, Flexibilität und Menschlichkeit in die Arbeitswelt bringen.
Die Zukunft der Arbeit muss für alle gedacht werden
New Work ist mehr als ein Trend für digitale Berufe. Die nächste Stufe der Arbeitsrevolution muss sicherstellen, dass ALLE Berufsgruppen profitieren – nicht nur die, die sowieso schon in modernen Strukturen arbeiten.
Unternehmen, die sich jetzt mit diesen Konzepten beschäftigen, haben die Chance, Talente zu gewinnen, zufriedene Mitarbeiter zu halten und eine Arbeitswelt zu gestalten, die für ALLE funktioniert.
Die Zukunft gehört nicht nur den Laptop-Jobs – sondern allen, die arbeiten.