
Technologieunternehmen sind längst die wertvollsten Unternehmen der Welt. Google, Apple, Amazon, Facebook und Microsoft erwirtschaften zusammen mehr Umsatz als viele Staaten. Doch während klassische Industrien hohe Steuerlasten tragen, gelingt es den großen Digitalkonzernen oft, ihre Steuerzahlungen durch geschickte Buchhaltung und internationale Steuerverlagerungen zu minimieren.
Regierungen weltweit stehen vor einem Problem: Wie besteuert man Unternehmen, die global agieren, aber lokal kaum physische Präsenz haben? Die Lösung, die immer mehr Staaten fordern, ist eine globale Digitalsteuer. Doch wie könnte eine solche Steuer aussehen? Welche Auswirkungen hätte sie auf Unternehmen, Konsumenten und das Wirtschaftssystem? Und warum ist sie so umstritten?
Warum eine Digitalsteuer notwendig erscheint
Die Art und Weise, wie Unternehmen wirtschaften, hat sich radikal verändert. Während klassische Industriekonzerne physische Produkte verkaufen und lokale Produktionsstätten haben, funktionieren digitale Geschäftsmodelle ganz anders.
Technologieunternehmen können:
- Software, Cloud-Dienste oder digitale Werbung von überall aus anbieten
- Gewinne in Niedrigsteuerländern buchen, auch wenn die Kunden woanders sitzen
- Patente und Lizenzgebühren gezielt in Steueroasen verlagern
Das führt dazu, dass viele Digitalkonzerne extrem geringe Steuerquoten haben. Während ein Mittelständler in Deutschland oft über 30 % Unternehmenssteuer zahlt, kommen große Tech-Firmen teilweise auf weniger als 10 %.
Das Problem wird besonders deutlich, wenn man sich die Steuerzahlungen großer Tech-Konzerne ansieht:
- Apple zahlte in Europa jahrelang nur 0,005 % Steuern durch eine Konstruktion mit Irland.
- Amazon erzielte 2021 über 44 Milliarden Euro Umsatz in Europa – und zahlte 0 Euro Unternehmenssteuern.
- Google und Facebook buchen einen Großteil ihrer Werbeeinnahmen über Irland, um Steuern zu sparen.
Für viele Staaten ist das nicht mehr akzeptabel. Sie argumentieren, dass Tech-Giganten dort Steuern zahlen sollten, wo sie Umsätze erwirtschaften – nicht nur dort, wo sie offiziell ihren Firmensitz haben.
Wie eine globale digitale Steuer funktionieren könnte
Die Idee einer Digitalsteuer ist nicht neu, aber ihre Umsetzung ist kompliziert. Staaten müssten sich darauf einigen, wie digitale Geschäftsmodelle besteuert werden können.
Umsatzbasierte Digitalsteuer
Einige Länder fordern, dass Digitalkonzerne eine Steuer auf ihre Umsätze zahlen, die sie in einem Land erwirtschaften – unabhängig davon, wo ihr Firmensitz ist.
Beispiel:
- Frankreich hat 2019 eine 3 %-Steuer auf digitale Umsätze eingeführt.
- Auch Großbritannien, Spanien und Italien haben ähnliche Steuern beschlossen.
Problem: Umsatzsteuern treffen nicht nur große Konzerne, sondern auch kleinere Unternehmen und Startups. Außerdem gibt es die Gefahr, dass Konzerne die Kosten an Konsumenten weitergeben.
Globale Mindeststeuer für Unternehmen
Die OECD und die G20-Staaten haben sich auf eine globale Mindeststeuer von 15 % für große Konzerne geeinigt. Das bedeutet:
- Unternehmen mit mehr als 750 Millionen Euro Umsatz müssen mindestens 15 % Steuern zahlen – egal, wo sie sitzen.
- Steuertricks durch Gewinnverlagerung sollen verhindert werden.
Vorteil: Unternehmen können ihre Gewinne nicht mehr einfach in Länder mit 0 % Steuersatz verlagern.
Nachteil: Viele Steueroasen wie Irland oder die Kaimaninseln versuchen, Schlupflöcher zu schaffen, um die Regelung zu umgehen.
Besteuerung von digitalen Geschäftsmodellen
Ein weiterer Ansatz wäre, digitale Werbung, Datenhandel oder Cloud-Dienste gezielt zu besteuern, da diese oft hohe Gewinne abwerfen, aber wenig physische Präsenz erfordern.
Beispiel:
Google und Facebook verdienen Milliarden mit Online-Werbung – doch diese Umsätze sind oft schwer zu besteuern.
Eine Steuer auf digitale Geschäftsmodelle könnte sicherstellen, dass nicht nur klassische Industrien Steuern zahlen, sondern auch die digitale Wirtschaft.
Warum eine Digitalsteuer so umstritten ist
Die Idee klingt logisch – doch eine Digitalsteuer ist hoch umstritten.
Widerstand aus den USA
Die größten Digitalkonzerne kommen aus den USA. Eine Digitalsteuer würde also vor allem amerikanische Unternehmen treffen.
Deshalb haben die USA mehrfach mit Vergeltungsmaßnahmen gedroht:
- Als Frankreich eine Digitalsteuer einführte, drohte die US-Regierung mit Strafzöllen auf französischen Wein und Käse.
- Auch andere europäische Staaten wurden von den USA unter Druck gesetzt, auf eine Digitalsteuer zu verzichten.
Gefahr für kleine Unternehmen
Große Konzerne könnten eine Digitalsteuer einfach weitergeben – zum Beispiel durch höhere Werbepreise oder Gebühren für Nutzer.
Beispiel:
Nach der Einführung der britischen Digitalsteuer erhöhte Amazon einfach die Gebühren für Händler um 2 % – die Steuer wurde also an die Nutzer weitergegeben.
Verlagerung in neue Steueroasen
Sollte die Digitalsteuer in großen Ländern eingeführt werden, könnten Konzerne neue Wege finden, Gewinne zu verstecken – etwa durch Blockchain-Technologien oder innovative Unternehmensstrukturen.
Welche Länder setzen bereits auf digitale Steuern?
Trotz der Kritik haben einige Länder eigene Digitalsteuern eingeführt:
- Frankreich: 3 % auf digitale Umsätze großer Tech-Firmen
- Großbritannien: 2 % Digitalsteuer auf Online-Werbung
- Spanien & Italien: Ähnliche Regelungen für digitale Dienstleistungen
Die USA haben diese Steuern scharf kritisiert – und einige Staaten haben sie wieder ausgesetzt, um eine globale Lösung abzuwarten.
Die Folgen einer globalen Digitalsteuer für Unternehmen und Konsumenten
Falls eine Digitalsteuer flächendeckend eingeführt wird, hätte das weitreichende Auswirkungen.
Für Unternehmen bedeutet es:
- Höhere Steuerlasten für Digitalkonzerne – sie könnten weniger Gewinne erzielen.
- Steigende Preise für digitale Werbung und Dienstleistungen.
- Verlagerung von Geschäftsmodellen, um Steuerkosten zu minimieren.
Für Konsumenten könnte es bedeuten:
- Höhere Preise für digitale Produkte (z. B. Streaming-Abos, Online-Werbung, Cloud-Dienste).
- Weniger kostenlose Inhalte, da Werbeeinnahmen durch Steuern belastet werden.
- Mehr Transparenz über Steuerzahlungen großer Konzerne.
Kommt die globale digitale Steuer – oder bleibt alles beim Alten?
Die Debatte um die Digitalsteuer zeigt, dass das Steuersystem mit der Digitalisierung nicht Schritt gehalten hat. Während klassische Industrien hohe Steuerquoten haben, konnten Digitalkonzerne jahrelang legale Steuervermeidung betreiben.
Ob eine globale Digitalsteuer wirklich kommt, hängt davon ab, ob sich große Wirtschaftsmächte einigen können. Die 15 %-Mindeststeuer ist ein erster Schritt – doch viele Fragen bleiben offen.
Für Unternehmen bedeutet das, sie sich auf neue Steuerregelungen vorbereiten müssen und digitale Geschäftsmodelle könnten teurer werden. Transparente Steuerstrategien werden wichtiger, um politische Konflikte zu vermeiden.
Die Zukunft der Besteuerung ist digital – die Frage ist nur, wer am Ende die Rechnung zahlt: die Konzerne, die Staaten oder die Konsumenten.